Publikationen
Silvan Zülle
Asteroiden: Vier weibliche Archetypen
Ceres, Pallas Athene, Juno und Vesta
Bewusstseinsentwicklung zur Balance männlicher und weiblicher Energien?
Silvan Zülle, unser neuer Referent, hat mehrere Schwerpunktthemen. Mit „Berufsberatung im Horoskop“ wird er im November ein Seminar an der Schule halten. Vorstellen möchten wir Ihnen Silvan Zülle vorab jedoch mit einem Artikel über seine Forschungen zu den vier weiblichen Archetypen, repräsentiert durch die Asteroiden Ceres, Pallas Athene, Juno und Vesta. Dabei stellt er überraschende, aktuelle Bezüge her, etwa zur Klimadiskussion und zur Globalisierung.
Die Entdeckung der kollektiven/ geistigen Planeten Uranus (1781), Neptun (1846) und Pluto (1930) sowie deren Benennung fällt mit der Entwicklung des menschlichen Bewusstseins und des geistigen Horizonts zusammen. Wohl kaum ein Astrologe möchte heutzutage die Arbeit mit diesen drei Archetypen missen, da diese (mit-) entscheidend für verschiedene Entwicklungen der Menschheit und deren Psyche beigetragen haben. Das astrologische Weltbild entwickelt sich aber stetig weiter. Die Entdeckung einer Vielzahl neuer Himmelskörper in unserem Sonnensystem kann neue kollektive Schichten öffnen oder die Menschheit mit universellen Schichten des kollektiven Unbewussten verbinden. Als Astrologen sind wir dazu aufgefordert, uns mit der Weiterentwicklung des menschlichen Bewusstseins und somit auch mit den neuen Himmelskörpern zu beschäftigen.
Vier neue weibliche Archetypen: Ceres, Pallas Athene, Juno und Vesta
Schon im 19. Jahrhundert hatte sich mit der Entdeckung der vier Himmelskörper Ceres (1801), Pallas Athene (1802), Juno (1804) und Vesta (1807) im Asteroidengürtel die Möglichkeit eröffnet, dem Ungleichgewicht zwischen männlichen und weiblichen Energien im Zeitalter des Patriarchats zu begegnen. Aus archetypischer Sicht hätte das durchaus Sinn gemacht, denn Ceres (griechisch: Demeter), Juno (griechisch: Hera) und Vesta (griechisch: Hestia) waren ja Schwestern des Zeus und gehören wie auch Pallas Athene zu den Göttern des
Olymps …
Asteroidengürtel als Bewusstseinsförderer
… Diese vier weiblichen Archetypen sollen nicht als Konkurrenz oder Ersatz der Grossen Göttin Lilith (seit einigen Jahrzehnten astrologisch gedeutet), des Mondes oder der Venus verstanden werden, sondern als wieder ins Bewusstsein drängende Facetten lange verdrängter weiblicher Aspekte.
Astrologische Deutung der Asteroiden
… Eine reine Deutung aufgrund der Mythen scheint dem Autor zu wenig tiefgründig, und er erforscht deshalb seit mehreren Jahren, zusammen mit seinen Klientinnen und Klienten, diese weiblichen Asteroiden. Neben der Thematik der verschiedenen weiblichen Energien fällt bei der Forschung als Gemeinsamkeit der Aspekt des Beziehungsbereiches auf. Alle vier weiblichen Asteroiden sagen offenbar Wichtiges über unser allgemeines Beziehungsverhalten aus (nicht nur dasjenige mit den jeweiligen Lebenspartnern) …
… Aus Sicht des Autors gibt es auch Zusammenhänge der weiblichen Asteroiden (vor allem Ceres/Demeter) mit der weltweiten Klimadiskussion. Die Sichtweise der nach wie vor stark männlich geprägten Wirtschaftswelt ist seit Jahren auf ungebrochenes Wirtschaftswachstum ausgerichtet, verbunden mit der entsprechenden Ausbeutung der Erde und ihrer beschränkten Ressourcen. Die menschlich verursachten Auswirkungen auf das weltweite Klima sind wissenschaftlich unbestritten ….
… Und welche Rolle spielt nun diesbezüglich Ceres/Demeter? In der astrologischen Gemeinschaft wurde in den letzten Jahren im Zusammenhang mit einer möglichen Krise der Saturn/Pluto-Konjunktion viel Aufmerksamkeit geschenkt, und in Zürich fand Anfang 2020 ein sehr aufschlussreicher und erfolgreicher Kongress dazu statt. Die möglichen mundanen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen wurden ausführlich dargelegt. Der «Mitspielerin» Ceres/Demeter wurde dabei allerdings keine Beachtung geschenkt, obwohl sie zur gleichen Zeit, im Januar 2020, in Konjunktion mit Saturn und Pluto stand und somit ebenfalls einen neuen Zyklus startete. Mundanastrologen sind meiner Meinung nach aufgefordert, Ceres/Demeter in ihre Betrachtungen zum weiteren Zyklusverlauf von Saturn/Pluto miteinzubeziehen …
… Ceres/Demeter gehört zu den zwölf grossen griechischen Gottheiten, doch sie hielt sich nur selten im Olymp auf. Sie bevorzugte das Leben auf der Erde, insbesondere auf den fruchtbaren Mittelmeerinseln. Ceres/Demeter brachte den Griechen den Ackerbau und erfreute sich an der Üppigkeit der Erde. Das tragische Kapitel ihrer Geschichte erzählt vom Raub ihrer Tochter Kore/Persephone. Der Göttervater Zeus hatte diese ohne zu fragen seinem Bruder Hades (Pluto) versprochen. Nach dem Raub der Tochter und deren Entführung in die Unterwelt verfiel Ceres/Demeter in tiefe Trauer und vernachlässigte ihre Aufgaben auf der Erde. Sie liess alles Leben verdorren.
Zeus sah sich genötigt, etwas zu unternehmen, denn er musste befürchten, dass ihm die Menschen bald keine Opfer mehr darbringen konnten. Nach langem Hin und Her wurde der Kompromiss gefunden, dass Kore/Persephone zwei Drittel des Jahres bei ihrer Mutter Ceres/Demeter auf der Erde leben durfte, einen Drittel (nach der Erntezeit) musste sie allerdings bei Hades in der Unterwelt verbringen. Diese Einigung spielt in der Folge eine wichtige Rolle in der Qualität der Jahreszeiten: Während der Anwesenheit ihrer Tochter lässt Ceres/Demeter das Leben auf der Erde erblühen, nach deren Weggang in die Unterwelt macht sie die Erde dürr und kahl.
In der astrologischen Interpretation geht es bei Ceres/Demeter als Göttin des Ackerbaus und der Erde um Wachstum und Fruchtbarkeit, aber auch um Arbeit und Gründlichkeit. Ceres/Demeter sorgte bei den Griechen durch die Vermittlung des Ackerbaus für Produktivität und Wachstum. Ihre mythologische Geschichte mit dem Bezug auf die Jahreszeiten ist aber wahrscheinlich auch ein Hinweis, dass dabei die Naturverbundenheit mit der Gesundheit und dem Klima in einer Ausgewogenheit stehen sollte. Diese Thematik ist in der heutigen Zeit durch den masslosen Ressourcenabbau und das von der Wirtschaft geförderte Prinzip des ungebrochenen Wachstums aktuell und steht vor einer grossen Bewährungsprobe.
Psychologisch interessant ist auch der Aspekt der starken Liebe von Ceres/Demeter zu ihrer Tochter und damit die Frage des richtigen Masses zwischen Behüten und Freilassen. Im Rahmen der Forschungsarbeiten des Autors mit Klientinnen und Klienten hat sich, wie oben angetönt, zudem gezeigt, dass bei Ceres/Demeter häufig Beziehungsfragen eine wichtige Rolle spielen. Im Mythos fällt auch der Gegensatz von Ceres/Demeter als Mutter des Lebendigen zu ihrem «Gegenspieler» Hades/Pluto als dem Herrn der Toten (Aspekte des Verlustes und der Transformation) auf ...
>>Auszüge seines Artikels aus Astrologie Heute, Nr. 205, Juni-Juli 2020<<