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Ulrike Voltmer

Interview mit Ulrike Voltmer

Ulrike Voltmer, geboren 1952, ist Psychotherapeutin, Musikerin und Philosophin. An der Universität des Saarlandes hat sie eine interdisziplinäre Promotion in den Fachbereichen Musikwissenschaft und Philosophie abgeschlossen. Mit der Astrologie befasst sie sich seit ihrer Jugend; von 1991 – 1995 war sie Vorsitzende des DAV. Darüber hinaus hat sie zahlreiche Bücher veröffentlicht, darunter „Wie frei ist der Mensch?“, Rhythmische Astrologie“, „Lebendige Astrologie“, „Gestalt-Astrologie“ und „Semiose des Musikalischen“.
Ihr besonderes Anliegen ist es, die kosmologischen und naturwissenschaftlichen Grundlagen der Astrologie zu ergründen sowie die Verbindungen zur Astronomie, Musik und Harmonielehre aufzuzeigen. Dazu arbeitet sie interdisziplinär mit namhaften Vertretern dieser Fächer.

Klemens Ludwig sprach mit ihr über ihre frühe Hinwendung zur Astrologie, die Schwierigkeiten in der öffentlichen Darstellung sowie ihr kosmologisches Weltbild.

DAV: Du bist auf unserem kommenden Kongress „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ eine der Vortragenden, die am engsten mit dem DAV verbunden ist. Deine Aktivitäten und Publikationen verdeutlichen, dass sich die Astrologie wie ein roter Faden durch dein Leben zieht, obwohl du dir auch in anderen Bereichen einen Namen gemacht hast. Kannst du uns erläutern, wie es zu dieser frühen Begegnung mit der Astrologie kam?

Ulrike Voltmer: Es begann tatsächlich sehr früh und war mir sozusagen in die Wiege gelegt. Mein Vater und sein Zwillingsbruder, beide Konzertpianisten, studierten bei einem Professor aus Leipzig, das vor dem 2. Weltkrieg eine Hochburg der Astrologie war. Dieser Professor verfügte über beachtliche astrologische Kenntnisse und beeinflusste seine beiden Studenten auch in dieser Hinsicht. Ich hörte schon als Kind ihre Gespräche am Telefon, wenn sie zum Beispiel gemeinsame Auftritte auch astrologisch festlegten. Das machte mich neugierig und ich wollte wissen, was es damit auf sich hatte. Meine Mutter, ebenfalls eine bekannte Pianistin, wiegelte jedoch eher ab. Darum solle ich mich nicht kümmern. Sie hielt nicht viel von Astrologie, aber umso mehr von Astronomie. Damit hat sie mich ebenso beeinflusst. Wir unternahmen häufiger Nachtwanderungen, bei denen sie mir den Sternenhimmel erklärte. So war ich schon früh mit beidem vertraut.

DAV: Und der Einfluss deiner Mutter hat dich nicht davon abgehalten, dich intensiver auf die Astrologie einzulassen?

Ulrike Voltmer: Eigentlich konnte ich nicht glauben, dass Astrologie funktionierte. Meine Mutter starb bereits 1965, als ich gerade 13 Jahre alt war. Es war ein Jahr später, dass ich näher an meinem astrologisch versierten Onkel herankam, als mein Vater und ich mit ihm samt Familie nach Saas Fee in den Urlaub fuhren. Ich nutzte die Gelegenheit, meinen Onkel zur Astrologie zu befragen. Er hatte übrigens ein Buch zu Goethes Horoskop dabei, das mein erstes Buch zur Astrologie werden sollte. Aber auch die Geburtshoroskope von uns allen hatte er mitgenommen, so dass wir über Ähnlichkeiten unserer Horoskope reden konnten. Offensichtlich gab es Transite, die ähnliche Konstellationen von uns allen bezüglich der Venus und Jupiter hervorhoben, denn mein Onkel prognostizierte eher scherzhaft für die nächsten Tage, das sehe aus wie ein gemeinsames künstlerisches Erlebnis, was eher unwahrscheinlich war, weshalb wir nicht weiter darüber sprachen. Als mein Vater, ein vielbelesener Mann, in den Buchhandlungen des Ortes auffällig viele Bücher des Schriftstellers Carl Zuckmayer vorfand, ging er dem nach und erfuhr, dass Zuckmayer in Saas Fee lebte. Wir beschlossen, ihn aufzusuchen und die Bücher signieren zu lassen. Erst danach fiel mir auf, dass dies das gemeinsame künstlerische Erlebnis gewesen sein konnte, das mein Onkel so nebenbei prognostiziert hatte.

DAV: Aufgrund solcher Erfahrungen hast du dich ganz der Astrologie verschrieben?

Ulrike Voltmer: Noch lange nicht. Ich hatte mich schon sehr früh mit dem dialektischen Materialismus befasst und da passte Astrologie überhaupt nicht dazu. Dennoch wollte ich ihr auf den Grund gehen. Damals musste man noch alles selbst berechnen. Da ich über eine gute mathematische Begabung verfüge, beherrschte ich bereits mit 16 alle astrologischen Berechnungen, aber es blieb ein Rest an Zweifel. Ich dachte häufig: Das kann doch nicht wahr sein! Wie kommen die Ergebnisse bloß zustande? Sehr viel später nach meinem Musikstudium habe ich auch Psychologie studiert und schließlich meine Diplomarbeit über ein astrologisches Thema verfasst. Ich glaubte, in einem etablierten Rahmen würden die Freiräume für die Astrologie größer, aber das Gegenteil war der Fall. Eine wissenschaftliche Karriere macht den Spielraum für die Astrologie kleiner, nicht größer. Diese Erfahrung musste übrigens auch ein Bruder meiner Mutter machen, der ein bedeutender und anerkannter Mathematiker ist. Er betrieb Astrologie, aber nur im Geheimen. Niemand sollte es wissen, denn das hätte ihn diskreditiert.

DAV: Du hast dich aber dennoch offen zur Astrologie bekannt.

Ulrike Voltmer: Für viele Jahre, ja. Von 1977 ab habe ich Astrologie an der Volkshochschule in Saarbrücken unterrichtet. Mein Psychologiestudium schloss ich mit einer empirischen Arbeit zur Astrologie ab, zu Transiten und Lebensveränderungen – übrigens mit signifikanten Ergebnissen. Im Zuge meiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Universität wurde ich zurückhaltender. Während der Zeit intervenierte der Sektenbeauftragte der katholischen Kirche bei der VHS und der Universität und fragte an, wie eine Lehranstalt bzw. eine Institution der Erwachsenenbildung ein solches Thema aufgreifen könne?

DAV: Wie haben die Institutionen darauf reagiert?

Ulrike Voltmer: Positiv, die Volkshochschule hat die Beschwerde an mich weitergeleitet und gebeten, direkt darauf zu reagieren, und die Universität hat meine Forschungsarbeit ebenfalls verteidigt. Sie hat klar gesagt, dass sie sich nicht vorschreiben lasse, wozu sie forsche.

DAV: Dennoch warst du viele Jahre in Kreisen aktiv, die der Astrologie skeptisch gegenüberstehen.

Ulrike Voltmer: Ich hatte immer einen tiefen Forschungsdrang. Deshalb habe ich mit Edgar Wunder zusammen die Gesellschaft für Anomalistik gegründet. Er kam von einer ganz anderen Ecke, nämlich der GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parapsychologie), die ablehnt, was mit Astrologie oder wissenschaftlich nicht erklärbaren Phänomenen zusammenhängt. Diese Enge und Voreingenommenheit konnte Edgar Wunder nicht akzeptieren und so haben wir ein Forum geschaffen, in dem unvoreingenommen und vorurteilsfrei geforscht wird und ein konstruktiver Dialog zwischen verschiedenen Positionen stattfindet. Das gefällt mir sehr gut.

DAV: Dein Referat auf dem Kongress und deine Teilnahme an der Feier zum 70. Bestehen des DAV können als Hinweis darauf gedeutet werden, dass du dich inzwischen auch wieder den organisierten Astrologen verbunden fühlst. Wie kam es zu der Entwicklung?

Ulrike Voltmer: Ich kann offen sagen, dass ich nicht mehr so abhängig von öffentlichen Institutionen bin. Wie ich vorher schon ausgeführt habe, ist es nicht immer hilfreich, sich zur Astrologie zu bekennen. Das gilt auch, wenn man sich eine therapeutische Praxis mit kassenärztlicher Zulassung aufbauen will. All das habe ich aber inzwischen hinter mir. Ich habe nicht vergessen, was die Astrologie mir bedeutet.

DAV: Was macht die Astrologie für eine so vielseitig gebildete und erfahrene Frau so reizvoll?

Ulrike Voltmer: Zunächst einmal kann man sich von verschiedenen Seiten her der Astrologie nähern: Wie kann man sich Astrologie erklären? – das ist erkenntnistheoretisch eine höchst herausfordernde Frage. Was kann sie zur eigenen Selbsterkenntnis beitragen? Wie kann ich Menschen damit helfen? Dies sind drei unterschiedliche Herangehensweisen. Astrologie kann eingebettet sein in größere Lebensfragen: Wie ist das Verhältnis von Geist und Materie? Welchen Sinn hat das Leben?

DAV: Und welche Antworten findest du darauf?

Ulrike Voltmer: Ich vertrete ein kosmologisches Weltbild und bin überzeugt, dass sich Geist und Materie gegenseitig bedingen. Geist existiert nicht ohne Materie und keine Materie ohne Geist. Auch glaube ich, dass alles miteinander zusammenhängt im Sinne einer großen Ordnung, eben Kosmos. Jeder ist wahrscheinlich Teil eines großen Bewusstseins. Der Sinn des Lebens besteht für mich darin, dass der Mensch seine Talente und seine Liebesfähigkeit der Welt zur Verfügung stellt und dabei authentisch ist, das heißt, ohne sich selbst zu vernachlässigen. Zu dieser Art des Humanismus kann man durch verschiedene Weltbilder kommen, auch durch eine materialistische Weltsicht. Das Entscheidende ist, dass wir uns bewusst sind, dass wir Teil des Ganzen sind und auf der Erde unseren Beitrag leisten, und wenn dies ganz im Stillen geschieht.

DAV: Was aber nicht spezifisch astrologisch ist.

Ulrike Voltmer: Nicht unbedingt, aber für mich ist es eben die Astrologie, die mich zu einem kosmologischen Weltbild gebracht hat. Auch lassen sich durch die Astrologie die eigenen Beweggründe, Antriebe und Motivationen hinterfragen. Ich betrachte das Geburtshoroskop als eine Motivationsanlage. Übrigens kommt das Wort Motivation von dem lateinischen ‚movere’, was bewegen bedeutet.

DAV: Es gibt ja viele Theorien, um das Wesen der Astrologie zu erklären: eine Symbolsprache; das Prinzip der Analogie, zusammengefasst im Axiom des Hermes Trismegistos „Wie oben so unten“, und so weiter. Was ist deine Position?

Ulrike Voltmer: Astrologie als Symbollehre oder esoterisches Unterfangen zu sehen, reicht mir nicht. Das erklärt mir nicht, wie sich astrologische Zusammenhänge erklären lassen könnten. Wie erwähnt, komme ich vom Mathematischen und von der Musik: Ich glaube, dass Zahlenverhältnisse psychische Qualitäten besitzen. Wir arbeiten mit geometrischen Strukturen wie Quadraten oder Dreiecken, die es aber in der Natur in ihrer reinen Form gar nicht gibt. Mathematik und Physik idealisieren an dem Punkt. Kepler und auch Kant sagen deshalb, es gibt ein „A priori-Wissen“, das auf keiner konkreten empirischen Erfahrung beruht. Diese geometrischen Strukturen und die Zahlenverhältnisse zeigen sich in der Musik, die bereits Kepler erkannt hatte, wie er dies in seinem Werk „Harmonices mundi“, auf Deutsch „Harmonieren der Welt“, niedergelegt hat. Er hat übrigens das Dur-Moll-tonale System unserer Musik vorweggenommen, die erst die Musik ab Johann Sebastian Bach bis hin zur Moderne möglich macht. Diese Strukturen und Zahlenverhältnisse zeigen sich aber auch im Horoskop, vor allem in den Aspektbildern. Hinzu kommt, dass die Astrologie eine total rhythmische Basis aufweist. Das betrifft das Verhältnis von Sonne und Erde, was sich im tropischen Tierkreis niederschlägt, aber auch die Bewegungen der Planeten sowie alle prognostischen Verfahren. Vor allem Kepler hat dies verstanden, weshalb ich das Buch über Keplers Astrologie „Rhythmische Astrologie“ genannt habe. Gleichzeitig aber laufen die planetaren Rhythmen nicht so, dass sie ineinander überführbar wären, da bleibt immer ein Rest. Sie sind inkommensurabel, wie man das nennt. So auch die Musik: Hier sprechen wir vom so genannten „Pythagoreischen Komma“, denn Oktaven und Quinten gehen nicht ineinander auf. In der Materie geht nicht alles auf, es ist nicht alles determiniert, es gibt ein chaotisches Element -- und genau das ist das Tor zur Freiheit.

DAV: Wobei die Frage nach der Ursache der Wirkung noch im Raum steht.

Ulrike Voltmer: Ursache und Wirkung? Das ist zu kurz gedacht. Wenn du fragst, wie ich mir vorstelle, wie astrologische Zusammenhänge zustande kommen, so vermute ich, dass es sich dabei um ein Resonanzphänomen handelt. Es kommt zu astronomischen Resonanzen in Form einer „musica mundana“ Wie sich das an die psychischen Prozesse vermittelt, ist die eigentliche Frage, die ich hier nicht in kurzen Worten beantworten kann – wenn das überhaupt möglich ist.

DAV: Die Basis der Astrologie, das persönliche Horoskop, gilt aber als etwas Statisches, ein Augenblick im kosmischen Regelwerk, der festgehalten wird und für den Rest eines individuellen Lebens oder der Epoche eines Ereignisses die Grundlage jeder Deutung und Arbeit ist. Steht das nicht im Widerspruch zur Bewegung?

Ulrike Voltmer: Nein, denn hinter der festen Position verbirgt sich Bewegung. Hinter jeder Konstellation stehen Bewegungsverhältnisse und damit auch Schwingungsmuster. Ich persönlich glaube, dass die Astrologie eine natürliche Grundlage hat. Selbst wenn etwas geistiger Natur ist, enthebt das nicht der Frage, welches das materielle Äquivalent dazu ist. Möglicherweise spielen Gravitationswellen eine Rolle. Durch Massezentren gibt es Dellen im Raum. Vielleicht unterliegen wir ganz subtilen Veränderungen von Gravitation. Dabei scheint die Sonne eine besondere Rolle zu spielen, denn unsere Astrologie ist solarer Natur. Die Planeten modifizieren gewissermaßen solare, aber auch kosmische Strahlung, was sich auch in der Bedeutung der prognostischen Methoden von Solarhoroskop und Sekundär zeigt. Aber auch die Transite werden auf einem solaren Messkreis betrachtet, der Ekliptik, deren Bedeutung sich aus den Bewegungsverhältnissen der Erde zur Sonne ableiten lässt.

DAV: Womit wir zum Schluss beim Thema deines Vortrags angekommen sind.

Ulrike Voltmer: Genau, ich will aufzeigen, dass die Geburt und das daraus errechnete Geburtshoroskop eben keine statischen Phänomene sind, sondern dahinter verbirgt sich Bewegung, Rhythmus, wobei sich niemals genau dasselbe wiederholt. Dies ermöglicht unseren Spielraum an Freiheit. Hinzu kommt unsere Fähigkeit, den eigenen Willen hinterfragen zu können. Durch unser Horoskop erkennen wir unsere Motivationsanlage, lernen, was authentisches Leben sein kann und welche Rolle wir in einem großen Ganzen spielen können – bis zur Frage, wie mit Hilfe unserer Bewusstwerdung irdische Möglichkeiten und Begrenzungen erkannt, akzeptiert und genutzt werden können.

DAV: Herzlichen Dank für deine Ausführungen. Sie machen sehr neugierig auf deinen Vortrag.
Das Interview führte Klemens Ludwig.




Zertifikate

Zertifikate der Grundausbildungen tragen neben dem Namen der Astrologie- und Tarotschule München | Sabine Lechleuthner auch den Hinweis auf Hajo Banzhaf & Brigitte Theler. Für alle, die Astrologie und Tarot beruflich anwenden wollen, ist das ein Qualitätsmerkmal.